90er Originale – Porsche 964 & Mercedes SL

Stell dir vor, du lebst in den frühen 90er Jahren. Du bist ein erfolgreicher Geschäftsmann und kletterst schnell die Karriereleiter hoch. Du verdienst ordentlich Geld. Und nun ist es an der Zeit, sich für ein neues Auto zu entscheiden – schließlich brauchst du etwas, für das du dein hart verdientes Geld ausgeben kannst. Du willst dir etwas besonderes gönnen. Etwas exklusives, aber nicht zu auffällig. Um es unauffällig zu halten, sind knallige Farben tabu. Du möchtest, dass es schlicht und elegant aussieht – da gibt es nur eine einzige Möglichkeit: Schwarz. Du entscheidest dich für zwei verschiedene Optionen – beide gleich raffiniert, aber sehr unterschiedlich. Und beide kamen 1989 auf den Markt. Das eine ist die sportliche Variante, ein Porsche 964 Carrera. Seine sanften, fließenden Linien sind eine wahre Augenweide und es ist das richtige Auto, um nach einem stressigen Arbeitstag auf der Landstraße abzuschalten. Die andere Möglichkeit ist komfortabler, ein Mercedes Benz SL. Als Cabrio ist er eher ein komfortabler Cruiser, der dich stilvoll nach Hause bringt. Wofür entscheidest du dich?

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Ich weiß, dass es mir sehr schwer fallen würde, mich zwischen den beiden zu entscheiden. Für die beiden Besitzer dieser beiden hier abgelichteten Autos war es eine leichtere Entscheidung. Der Porsche befindet sich in den Händen von Kai Truschinski, dem Inhaber von Feinschliff Fahrzeugaufwertung hier in Bergheim (für unsere internationalen Leser steht das BM auf dem Nummernschild für Bergheim). Der Mercedes gehört seinem guten Freund Marcel Bäumer, der vielleicht am besten für seine wunderbare W108 S-Klasse bekannt ist.

Ende März traf ich mich mit den beiden zu einem Shooting. Ich hatte kürzlich meine Leidenschaft für die Fotografie wiederentdeckt und wollte unbedingt ein paar coole Autos fotografieren. Ich rief schnell Kai an, den ich seit rund 10 Jahren kenne, und sagte ihm: ‘Lass uns den Porsche shooten’. ‘Klar, ich rufe Marcel an, damit er in seinem SL mitkommt’, war seine Antwort. Ich stimmte natürlich sofort zu.

Kai besitzt den Porsche nun seit ziemlich genau einem Jahr. Ursprünglich hatte er nicht einmal vor, einen Porsche zu kaufen, geschweige denn einen 911. Kai hatte vor Kurzem einen Teil seines Fuhrparks verkauft und verfügte daher über etwas Geld, das er für einen vernünftigen Alltagswagen ausgeben wollte – einen BMW 535d E61. Ein geräumiger Diesel-Kombi mit ordentlicher Leistung, der mit einer gesunden Tieferlegung und ein paar schicken Rädern ziemlich cool aussehen könnte. Die vernünftige Wahl. Er hatte noch nicht den richtigen gefunden, als ein Freund von ihm auf einen Kaffee vorbeikam. ‘Ich kenne da ein Auto, mit dem wir möglicherweise etwas Geld verdienen könnten, wenn wir es verkaufen würden. Es ist ein gutes Auto, Ich habe es die letzten Jahre immer für den Besitzer gewartet”, sagte sein Freund. ‘Das ist ein Porsche 964.’ Kai war interessiert, aber immer noch etwas skeptisch, da er dachte, dass ein 911er für ihn unerreichbar war. Als er den Preis hörte, spuckte Kai fast seinen Kaffee aus und kaufte das Auto praktisch auf der Stelle und ungesehen. Nicht um ihn zu verkaufen, sondern für sich selbst. Sagen wir einfach, dass der Preis weit unter dem Marktwert lag und Kai ziemlich dumm gewesen wäre, den 964 nicht zu kaufen. Eine Woche später wurde das Auto in seine Werkstatt geliefert, und “in dem Moment, als es vom Anhänger rollte, verliebte ich mich”, erzählte er mir.

Es ist ein 93er 964 Carrera 2, also ein 3,6l-Flachmotor mit 250 PS, und er kommt in einer sehr ungewöhnlichen Farbkombination daher. Außen ist er schwarz, wie man unschwer erkennen kann. Das Interieur jedoch ist komplett in Sherwood Green gehalten – Sitze, Armaturenbrett, Teppich, einfach alles. Ich kann nicht leugnen, dass ich sehr neidisch auf diese Farbkombination bin, denn ich habe schon immer von einem schwarzen Auto mit grünem Interieur geträumt. Als er das Auto bekam, war es in einem guten Zustand und völlig Serie. Da Kai ein Aufbereiter ist, bestand seine erste Aufgabe natürlich darin, den Lack so glatt wie nur möglich zu polieren. Anschließend beschichtete er den Lack auch mit einer Keramikversiegelung. Zu sehen, wie die Spiegelungen förmlich über den wahnsinnig glänzenden Lack des 911 fließen, ist geradezu hypnotisierend.

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Es dauerte nicht lange, bis er begann, das Auto nach seinen Vorstellungen zu verändern. Er montierte Carrera RS-Lufteinlässe an der vorderen Stoßstange und lackierte die Scheinwerferhalterungen schwarz. Der Auspuff wurde mit einem Porsche-Cup-Rohr und einer 105-mm-Spitze von AP Cardesign leicht überarbeitet. Das Interieur wurde im Originalzustand belassen und lediglich mit einem geschüsselten Momo-Lenkrad ausgestattet. Die augenscheinlichste Veränderung ist natürlich die deutliche Tieferlegung gegenüber der Serie- dies wurde durch den Einbau eines einstellbaren KW V3 Gewindefahrwerks erreicht. Die Felgen sind die nächste offensichtliche Änderung – die 16-Zoll-Serienfelgen wurden durch einen Satz RH P-Rad Split-Felgen in 8,5 und 10 x 18 ersetzt, die mit 225/40 bzw. 255/35er Gummis bespannt sind. Aus kosmetischen Gründen ersetzte er auch die verblassten alten Rückleuchten durch nagelneue Rückleuchten direkt von Porsche.

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Die Geschichte von Marcels SL fängt etwas anders an – er ist schon lange ein Benz-Liebhaber und seine aktuelle Lieblings-Droge sind 90er Jahre Mercedes mit besonderen Ausstattungen. Vor dem SL besaß er bereits ein W124 Coupé, ebenfalls in Schwarz. Der Wechsel zu einem SL war der nächste logische Schritt, wie er es ausdrückt. Als er die lokalen Verkaufsanzeigen durchstöberte, wie wir Autofreunde das zu tun pflegen, stieß er auf diesen 1990er R129 SL300. Ein sehr früher R129 SL, der aber schon viele Ausstattungen wie Klimaanlage, Tempomat, beheizte Ledersitze mit Memory-Funktion und mehr hatte. All das ist für einen SL nicht allzu besonders. Was wirklich ausschlaggebend war, war das Dach – als Marcel das blutrote Stoffverdeck über dem schwarzen Lack sah, MUSSTE er dieses Auto einfach besitzen. Das kann ich sehr gut verstehen, denn es ist einfach eine epische Kombination.

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Als er ihn bekam, hatte das Auto einige kosmetische Mängel, die er behoben hat, indem er immer wieder bessere Teile einbaute, wenn er sie fand – vor allem Innenverkleidungen und dergleichen. Dabei wollte er das Auto jedoch möglichst originalgetreu im Stile von 1990 halten. Er hielt sich etwas zurück, um nicht zu viele Änderungen vorzunehmen die nicht notwendig waren um das Auto hervorzuheben.

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Marcel mag seine Autos tief – sehr tief. Erreicht wurde dies durch den Einbau eines TA Technix Air Ride in Verbindung mit einem Airlift 3P Luftmanagementsystem. Das gesamte Airride-System wurde völlig unsichtbar in der Reserveradmulde montiert, so dass der Kofferraum weiterhin voll nutzbar ist. Nachdem ich in dem Auto mitgefahren bin, kann ich bestätigen, dass es sehr, sehr bequem ist.

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Die Räder sind natürlich das, was ein Auto ausmacht – und Marcel bewies mit einem Satz dreiteiliger OZ Mito 1, dass er bei der Auswahl der Räder ziemlich geschickt ist. Ursprünglich waren es 8,5 und 10 x 18, aber er baute die Hinterräder auf 11,5 x 18 um. Die Reifendimensionen sind 205/40 und 255/35. Seit dem Shooting hat er weiter an den Rädern getüftelt und die Vorderräder auf beeindruckende 9,5 x 18 verbreitert, um die Distanzscheiben loszuwerden, die er vorher verwendete.

Marcel ist gerade dabei, den Wagen für die diesjährige Essen Motor Show vorzubereiten und hat nun auch neue Scheinwerfergläser eingebaut, einige Holzverkleidungen im Innenraum wurden durch bessere ersetzt und er hat auch die Sitze gegen die eines späteren SL R129 ausgetauscht. Wenn Ihr die Gelegenheit habt, seht euch sein Auto auf der EMS an – es lohnt sich.

Kehren wir also zu meiner Frage vom Anfang dieses Beitrags zurück. Welchen würdest du wählen? Ich für meinen Teil… nehme beide.

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